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Batı Trakya

Reaktion der griechischen Regierung auf McDougalls Bericht zu den Minderheiten

17.03.2009
Die griechische Regierung hat auf den Bericht über die Minderheiten in Griechenland reagiert, den die unabhängige Expertin der Vereinten Nationen für Minderheitenfragen Gay McDougall am 10. März vorgestellt hatte. Die griechische Regierung stellte fest, dass jeder Bürger des Landes das Recht zur Selbstbestimmung besitze. Wenn die Regierung angesichts dessen eine einheitliche Identität Griechenlands unterstütze, so weise sie doch entschieden Behauptungen zurück, dass Staatsangehörige, die sich frei zu ihrer Identität bekennen, Behinderungen durch die Regierung und Bedrohungen durch andere Personen und Gruppen ausgesetzt seien.

Die ethnisch türkische Identität der West-Thrakien-Türken

Zu der Formulierung, dass die „muslimische Minderheit“ bei der Anerkennung ihrer türkischen Identität Beschränkungen ausgesetzt sei, stellte die griechische Regierung fest, man habe bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass die „muslimische Minderheit in Thrakien“ aus drei verschiedenen Gruppen bestehe. Für Griechenland seien Forderungen, die gesamte „muslimische“ Minderheit als türkisch anzuerkennen, nicht nur aus politischen Gründen völlig inakzeptabel, sondern auch, weil dies nicht der tatsächlichen Zusammensetzung der Minderheit entspreche.

Die Freiheit zur Vereinsgründung

Zur Wahrung der Vereinigungsfreiheit erklärte die griechische Regierung, dass in „Thrakien“ sehr viele Vereine und NGOs der Minderheit offiziell eingetragen und aktiv seien und dass auch im Jahr 2008 einige Kulturvereine der „muslimischen“ Minderheit von den zuständigen Gerichten neu in die Register aufgenommen worden seien.
Hierbei fällt allerdings auf, dass es sich bei den angeblich neu eingetragenen Vereinen der „muslimischen Minderheit“ nicht um Vereine mit der Bezeichnung „türkisch“ im Namen handelt, sondern um Kulturvereine von „Pomaken“ oder „Roma“. Tatsächlich bleibt die Freiheit zur Gründung von Vereinigungen der türkischen Minderheit nach wie vor verwehrt, während sie von einigen anderen Gruppen frei in Anspruch genommen wird.
Zu den drei Klageverfahren bezüglich der Freiheit zur Vereinsgründung, in denen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gegen Griechenland entschieden hat, erklärte die griechische Regierung, sie werde Mittel und Wege finden, diese Beschlüsse umzusetzen.

Das Problem der Muftis

Zur umstrittenen Bestimmung und Berufung der islamischen Rechtsgelehrten, der Muftis, durch den griechischen Staat erklärte die griechische Regierung, dass dabei prominente Per¬sönlichkeiten der muslimischen Minderheit und Theologieprofessoren zu Rate gezogen würden und dass dieses Verfahren notwendig sei, weil die Muftis nach islamischem Recht (Scharia) wichtige erb- und familienrechtliche Kompetenzen inne hätten. Im Übrigen seien Muftis in Griechenland noch nie von der Minderheit gewählt worden, so die Regierung. Auch würde nur ein Teil der Minderheit hier ein Problem sehen. Das Problem sei erst entstanden, seitdem gewisse Personen in gesetzwidriger Weise eigene Mufti-Wahlen organisieren würden.
An dieser Stelle muss entschieden darauf verwiesen werden, dass das Problem der Muftis keineswegs erst in den letzten Jahren entstanden ist. Vielmehr fordert die türkische Minderheit seit fast zwanzig Jahren eine Lösung dieses dauerhaften Problems. Es stimmt auch nicht, dass die Muftis nie von den Angehörigen der Minderheit gewählt wurden. Nach den Bestimmungen des 1913 zwischen Griechenland und dem Osmanischen Reich unterzeichneten Abkommens von Athen, welches detailliert die Institution der Muftiämter regelt, war das Gesetz Nr. 2345/1920 ausgearbeitet worden. Es regelte die Wahl der Muftis jeweils durch die Muslime in seinem Zuständigkeitsbereich und sah einen Großmufti zur Kontrolle der Muftis vor. Griechenland hat jedoch dieses Gesetz nie ratifiziert und damit offen gegen das Athener Abkommen verstoßen. Dieser Verstoß setzt sich bis heute fort: Das 2007 verabschiedete Gesetz Nr. 3536 verfügte die Einsetzung von 240 religiösen Funktionsträgern, die den von der Regierung bestimmten Muftis unterstellt wurden. Dieser Beschluss verletzt zum wiederholten Mal die Bestimmungen internationaler Abkommen zum Recht von Minderheiten auf religiöse Selbstbestimmung.

Das Bildungswesen

Griechenland behauptet, dass es entsprechend den Bestimmungen des Lausanner Friedensabkommens den zweckgemäßen Betrieb der Schulen der Minderheit in Thrakien fördere. Außerdem würden zurzeit mehr der Minderheit angehörende Kinder als je zuvor ins staatliche Bildungssystem aufgenommen und man sei entschlossen, dieser Nachfrage zu entsprechen.

Was das Problem der Kindergärten betrifft, so wiederholte die griechische Regierung lediglich ihre altbekannte Position. Die Kinder in den Kindergärten hätten keine Lehrbücher und würden keinem Lehrplan folgen, vielmehr seien diese Einrichtungen für die Minderheit lediglich als Vorbereitung für den Übergang in die Grundschulen gedacht. Die griechische Regierung fordert sogar Pädagogen der wenigen Kindergärten der Minderheit auf, an die staatlichen Kindergärten zu wechseln, und ignoriert damit, dass die türkische Minderheit ein eigenständiges Bildungssystem mit zweisprachigen Kindergärten besitzt.

Der Vorsitzende der ‚Föderation der West-Thrakien-Türken’ in Europa (ABTTF) Halit Habipoğlu kommentiert die Reaktion der griechischen Regierung auf den McDougall-Bericht in folgender Weise: „Die Reaktion der griechischen Regierung spiegelt in keiner Weise die wirkliche Situation der türkischen Minderheit in West-Thrakien wieder. Anstatt in einen wirklichen Dialog mit der türkischen Minderheit einzutreten und zu einer konstruktiven Politik zur Lösung der bestehenden Probleme überzugehen, offenbart sie erneut ihre Einstellung gegen die Minderheit. Solange diese Art von Politik vorherrscht, wird Griechenland weder mit seinen Minderheiten zu einer Aussöhnung kommen noch wird es sein schlechtes Image im Hinblick auf Menschenrechte und Minderheitenrechte korrigieren können.“

Klicken Sie hier, um den vollständigen Text der Kommentare der griechischen Regierung zu McDougalls Bericht zu den Minderheiten abzurufen.
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