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Batı Trakya

Regierung wundert sich über Kohls Beitrittswarnung

16.12.2004
Jahrzehnte lang haben führende Vertreter der Union der Türkei Hoffnungen auf einen EU-Beitritt gemacht - auch der frühere Regierungschef Helmut Kohl. Heute sieht der Altkanzler den Fall anders. Er hält die Türkei nicht für EU-reif. Die Bundesregierung zeigt sich über die Äußerungen von Schröders Vorgänger sehr verwundert.

DPA

Kohl: "Unfair und unehrlich"

Berlin - Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) hatte gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erklärt, er gehe davon aus, dass die Türkei nicht die Kopenhagener Kriterien für den Beitritt als Vollmitglied zur EU erfüllen wird.

Der Sprecher von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), Bela Anda, sagte dazu in Berlin, die Äußerungen Kohls stünden weder in Kontinuität zu seinen früheren Stellungnahmen noch in Kontinuität zur Haltung aller Bundesregierungen seit 1963.

Anda zitierte in dem Zusammenhang eine Stellungnahme Kohls vom 22. November 1997. Damals habe der Regierungschef erklärt, Deutschland sei einverstanden damit, dass der Türkei eine Chance gegeben werde, der EU beizutreten.

Schröder habe sich bisher in der Türkei-Frage in Kontinuität mit allen deutschen Bundeskanzlern seit 1963 gewähnt, als erstmals eine EU-Mitgliedschaft der Türkei formuliert worden sei, sagte Anda. Er fügte hinzu, es gehe bei der jetzt anstehenden Entscheidung der Staats- und Regierungschefs um eine glaubhafte Chance für die Türkei. Der ergebnisoffene Verhandlungsprozess könne dabei zehn bis 15 Jahre dauern.

Kohl sagte in dem Interview, es sei "unfair und unehrlich" gegenüber der Türkei, "wenn jetzt einige den Beitritt versprechen, wohl wissend, dass sie ihre Zusagen selbst nicht mehr einhalten müssen, und sie auch wissen, dass sie die Zustimmung ihrer Länder für einen Beitritt nicht bekommen werden".

Kohl riet auch von einer Aufnahme der Ukraine in die EU ab, weil auf das strategische Umfeld, vor allem die Nachbarschaft zu Russland, Rücksicht genommen werden müsse. Der frühere Bundeskanzler sagte, er sei sich sicher, dass die EU nach dem Beitritt Bulgariens, Rumäniens und einiger Balkan-Staaten ihre maximale Ausdehnung erreicht habe: "Mehr verkraftet die Politische Union nicht."