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Batı Trakya

Griechenland betreibt Augenwischerei

10.01.2007
Griechenland, das West-Thrakien-Türken aus der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen hatte, weil sie nicht griechischer Abstammung sind, hat 41 Personen wieder eingebürgert, die bisher als Staatenlose in Griechenland leben mussten. Andererseits aber war erst einen Monat zuvor eine West-Thrakien-Türkin als „heimatlos“ ausgewiesen worden, obwohl ihr zuvor noch ein Personalausweis ausgestellt worden war und man ihr gestattet hatte, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Nach Ansicht des Vorsitzenden der ‚Föderation der West-Thrakien-Türken in Europa’ (ABTTF) Halit Habipoğlu „scheut Griechenland die durch die Ausweisungen hervorgerufene Kritik und versucht, durch kleine positive Gesten Kritikern Sand in die Augen zu streuen.“

Im Laufe der 43 Jahre zwischen 1955 und 1998, in denen der Artikel 19 des Griechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes Gültigkeit hatte, wurden nach offiziellen Angaben des griechi-schen Staates 46.638, nach Zahlen der ‚European Commission against Racism and Intolerance’ (ECRI) etwa 60 Tausend West-Thrakien-Türken aus der Staatsangehörigkeit ausgeschlossen, weil ihre ethnische Abstammung eine andere war. Obwohl seit der Abschaf-fung des Artikels 19 bereits 9 Jahre vergangen sind, konnte bisher keine Lösung für die Opfer gefunden werden. Den nach Berechnungen der ABTTF etwa 80 Tausend direkt oder indirekt von diesem rassistischen Gesetzesparagraphen Betroffenen wurden ihre Rechte bisher nicht zurückerstattet. Angesichts der jüngsten Vorkommnisse muss man mittlerweile sogar in Frage stellen, ob wirklich von einer Aufhebung der betreffenden Regelung gesprochen werden kann, deren Opfer in Griechenland, der Türkei, Deutschland und sogar in Australien leben.

Im Dezember 2005 wurde eine West-Thrakien-Türkin mit griechischer Staatsangehörigkeit aus heiterem Himmel festgenommen, nachdem sie kurz zuvor gewählt hatte und einen Perso-nalausweis ausgestellt bekommen hatte. Nach fünf Tagen in Haft wurde sie mit der Begrün-dung ausgewiesen, dass sie keine Staatsangehörige sei, was zu weit reichender Kritik führte. Als kurz darauf durch den Abgeordneten für die Region Rodopi İlhan Ahmet verlautbart wurde, dass 41 Personen, die als Staatenlose in Griechenland leben, wieder eingebürgert werden würden, erklärte der ABTTF-Vorsitzende Halit Habipoğlu, dieser Schritt sei unzureichend und lediglich von der Absicht getragen, den Kritikern Sand in die Augen zu streuen: „Dass Griechenland nach 9 Jahren einem winzigen Teil der Menschen ihre Rechte zurück verleiht, nachdem es sie zuvor durch die Entziehung der Staatsbürgerschaft in soziale und wirtschaftliche Not gestürzt hatte, ist in keiner Weise ausreichend, um als Geste des guten Willens be-zeichnet zu werden.“ Habipoğlu erneuerte das einige Zeit zuvor übermittelte, jedoch unbeantwortet gebliebene Angebot zur Zusammenarbeit und forderte den Abgeordneten İlhan Ahmet auf, sich stärker für eine umfassende Gesamtlösung für alle Opfer des Artikels 19 ein-zusetzen.

Appell an EU-Kommissionspräsidenten Barroso

In einem Brief an den Präsidenten der Europäischen Kommission José Manuel Barroso hat der ABTTF-Vorsitzende Habipoğlu die Kommission dazu aufgerufen, gegenüber den Ge-schehnissen in Griechenland größere Sensibilität zu zeigen. Er erinnerte daran, dass etwa 8 Tausend West-Thrakien-Türken ihre Staatsangehörigkeit in den Jahren 1981-1998 verloren haben, als Griechenland bereits Mitglied der Europäischen Gemeinschaft bzw. Union war. Damit sei das Problem nicht mehr nur eine griechische Angelegenheit, sondern müsse auch die Europäische Union beschäftigen. In seinem Brief schrieb Habipoğlu: „Der Weg Europas, an das wir alle gemeinsam glauben, führt über die Herzen und den Verstand einer halben Mil-liarde Europäer, die ungeachtet ihrer verschiedenen Sprachen, Konfessionen, Ethnien oder anderer Unterschiede einen gemeinsamen Geist bilden. Dass bis zu 80 Tausend EU-Bürger aufgrund von ethnischer Unterschiedlichkeit ihre Staatsangehörigkeit verlieren, stellt eine Verletzung dar, die das europäische Ideal für längere Zeit nicht wird überwinden können. Wir dürfen nicht länger zögern, uns gemeinsam aktiv für die Heilung dieser Wunde einzusetzen.“
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