ABTTF
DE
ABONNIEREN SIE UNSEREN NEWSLETTER Bülten İcon
Batı Trakya

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte befindet Griechenland für schuldig in der Klage Zeybek gegen Griechenland

09.07.2009
Am 9. Juli 2009 verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Griechenland in der Klage Zeïbek gegen Griechenland (Klage Nr. 46368/06) zu einer Geldstrafe. Bedriye Zeybek hatte geklagt, weil ihr Antrag auf lebenslange Unterstützung als Mutter einer „großen Familie“ abgelehnt worden war. Der EGMR beschloss, dass Griechenland gegen Artikel 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 (Schutz des Eigentums) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie gegen Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) der EMRK verstoßen hat. Mit seiner einstimmigen Entscheidung verfügte der EGMR gemäß Artikel 41 der EMRK (Gerechte Entschädigung) die Zahlung einer Entschädigung von 13.455 € Schadenersatz für materielle und Nichtvermögensschäden sowie von 2.500 € für Kosten und Gebühren an die Klägerin.

Die 1951 geborene Klägerin Bedriye Zeybek und ihre Familie waren 1984 während eines Besuchs bei ihrer Familie in der Türkei durch einen Beschluss des griechischen Innenministeriums ausgebürgert worden. Als 1998 der diese Praxis begründende Artikel 19 des griechischen Staatsange¬hörigkeitsgesetzes gestrichen wurde, beantragten Bedriye Zeybek und ihre Familie im November 1999 die Wiederaufnahme in die Staatsbürgerschaft. Weil aber ihre Tochter İlkay Zeybek noch nicht volljährig und verheiratet war, wurde deren Einbürgerung abgelehnt, während Bedriye Zeybek und ihre anderen Töchter die griechische Staatsbürgerschaft zurückerhielten.

Mit der Geburt ihres vierten Kindes 1982 wurde Bedriye Zeybek Mutter einer „großen Familie“ und beantragte im Dezember 2001 nach Gesetz Nr. 1990/1982 lebenslange Unterstützung. Ihr Antrag wurde jedoch im November 2002 abgelehnt, weil nicht alle ihre vier Kinder griechische Staatsangehörige waren. Das Oberste Verwaltungsgericht hatte im Mai 1996 entschieden, dass der Verfassungsartikel 21 zum Schutz von Familie und Mutterschaft allein dem Bedürfnis nach Schutz und Förderung der griechischen Nation diene und nicht für in Griechenland lebende ausländische Familien gelte. Laut dem Urteil des EGMR wird dieser Status jedoch durch das Ende der Beziehung eines oder mehrerer Kinder zur Familie nicht aufgehoben – unabhängig von der Nationalität. In diesem Zusammenhang äußerte der EGMR sein Befremden darüber, dass das Oberste Verwaltungsgericht eine solche Entscheidung treffen konnte, in der das „Bedürfnis nach Schutz und Förderung der griechischen Nation“ nicht auf der Basis der griechischen Nationalität, sondern der ethnischen Abstammung interpretiert wird.

Der Vorsitzende der Föderation der West-Thrakien-Türken in Europa (ABTTF) Halit Habipoğlu kommentierte die Entscheidung des EGMR: „Die Klage von Bedriye Zeybek, die aufgrund von Artikel 19 ausgebürgert worden war, hat als Musterklage große Bedeutung für die türkische Minderheit in West-Thrakien. Zwischen 1955 und 1998 haben 60 Tausend West-Thrakien-Türken ihre Staatsbürgerschaft und mit ihr sämtliche Rechte und Ansprüche verloren. Da die Abschaffung des betreffenden Artikels keine rückwirkende Gültigkeit hatte, blieb das Unrecht bestehen. Wer die Staatsbürgerschaft beantragte, wurde wieder griechischer Staatsbürger, verlor aber die zuvor erlangten Ansprüche. Die jetzige Entwicklung findet sehr langsam statt, ist aber zugleich mit hohen finanziellen Konsequenzen verknüpft. Der griechische Staat muss unabhängig davon, ob es sich um in Griechenland lebende Staatenlose oder um Personen handelt, die die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes angenommen haben, sämtlichen Personen, die aufgrund des Artikels 19 ausgebürgert worden waren, die Staatsbürgerschaft zurückgeben und sie in alle ihre Rechte wieder einsetzen.“

Die Presseerklärung des EGMR zum Urteil Zeïbek gegen Griechenland kann im Internet unter http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/portal.asp?sessionSimilar=4649688&skin=hudoc-en&action=similar&portal=hbkm&Item=1&similar=frenchjudgement in englischer Sprache aufgerufen werden.
FOTOGALERIE